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Chronisches Atmen durch den Mund verursacht verschiedene Probleme wie Bluthochdruck, einen Anstieg stressbedingter Hormone oder eine Abnahme der Herzratenvariabilität. Die Nasenatmung macht die Atmung effizienter und es können etwa 18 % mehr Sauerstoff aufgenommen werden als bei der Mundatmung.

Wir knüpfen an dieser Stelle an den vorigen Blogbeitrag "Die Verlängerung der Ausatmung" in Zusammenhang mit unserem Projekt an.

Warum Atmen durch die Nase so wichtig ist

Bevor wir uns mit der Wirkung der verschiedenen Nasenlöcher auf das Nervensystem und damit auf unser Stresslevel beschäftigen, möchten wir thematisieren, warum genau wir bevorzugt durch die Nase atmen sollten.

Kurz gesagt, zeigt die Wissenschaft inzwischen, was bereits die alten Yogis an ihre Schüler weitergeben haben: „Wenn wir durch die Nase atmen, verlängern wir unser Leben. Hingegen verkürzt die Atmung durch den Mund die Lebensspanne.”

Wenn wir durch die Nase atmen, verlängern wir unser Leben. Hingegen verkürzt die Atmung durch den Mund die Lebensspanne.

Chronisches Atmen durch den Mund verursacht Bluthochdruck, einen Anstieg stressbedingter Hormone, eine Abnahme der Herzratenvariabilität und einen Kollaps des Weichteilgewebes im hinteren Teil des Rachens, was zu Schnarchen und Schlafapnoe führen kann. Die Mundatmung führt zudem dazu, dass wir zu viel atmen, was den Kohlendioxidgehalt reduziert, die Sauerstoffaufnahme verringert und uns nach mehr Atem sehnen lässt.

Durch die Nasenatmung wird die Luft gereinigt, verlangsamt, unter Druck gesetzt und befeuchtet, während sie durch Teile der Nasenlöcher und die Nasenmuscheln strömt. Dadurch wird die Atmung effizienter und es können etwa 18 Prozent mehr Sauerstoff aufgenommen werden als bei der Atmung durch den Mund. Die Nasenatmung erhöht auch das Stickoxid um das Sechsfache, das, wenn es mit der Atemluft vermischt wird, die Aufnahmefähigkeit der Luft erhöht.

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Wechselatmung durch die Nasenlöcher

Durch das bewusste Atmen durch das linke oder rechte Nasenloch ist es möglich, gezielt die linke bzw. rechte Hirnregion zu aktivieren, die jeweils mit dem Parasympathischen Nervensystem (PSNS, verbunden mit Entspannung und Ruhen) bzw. dem Sympathischen Nervensystem (SNS, verbunden mit Aktivität und Fokus) zusammenwirken. Für die Übung von „Nadi Shodana”, wie diese Praxis im Sanskrit bezeichnet wird, verschließt du in einem bestimmten Rhythmus deine Nasenlöcher, sodass der Atemstrom bewusst durch nur ein Nasenloch fließen kann.

Durch das bewusste Atmen durch das linke oder rechte Nasenloch ist es möglich, gezielt die linke bzw. rechte Hirnregion zu aktivieren.

Für die Umsetzung benutzen wir ein sogenanntes Hand Mudra. Nutzt du dafür deine rechte Hand, bringst du zunächst deinen Zeige- und Mittelfinger an den Handballen. Den Daumen positionierst du am rechten Nasenflügel und den Ringfinger an der linken Nasenseite. Alternativ kannst du den Zeigefinger und den Mittelfinger auch zwischen deine Augenbrauen ablegen. Dies hat einen unterstützenden Effekt für den Fokus.

Die Übung

  • Finde einen aufrechten Sitz und schließe deine Augen, um dich bewusst auf die Übung konzentrieren zu können.
  • Atme für etwa sieben Atemzüge durch beide Nasenlöcher und lasse den Atem insbesondere in die beiden unteren Bereiche der Lunge fließen (verbunden mit dem Bauchraum und den Rippen, siehe Beitrag "yogischer Atem”.
  • Platziere den Daumen der rechten Hand an die rechten Nasenseite und den Ringfinger der rechten Hand an den linken Nasenflügel. Wenn du Linkshänder bist, kannst du auch deine linke Hand nutzen und entsprechend den Daumen links und den Ringfinger rechts platzieren. Atme alle Luft durch beiden Nasenlöcher aus.
  • Verschließe das rechte Nasenloch mit den Daumen durch sanften Druck auf den rechten Nasenflügel, sodass die Luft nur links einfließen kann. Zähle dabei bis vier.
  • Verschließe links, öffne rechts und atme durch das rechte Nasenloch aus. Zähle dabei im gleichen Rhythmus bis vier.
  • Atme durch das rechten Nasenloch ein, zähle vier Zähler. Verschließe rechts und atme zur linken Seite für die Dauer von vier Zählern aus. Setze diesen Rhythmus fort.
  • Die aktiven Finger haben die ganze Zeit Kontakt zur jeweiligen Nasenseite: Die Bewegungen zum Öffnen und Schließen sind nur minimal, um so wenig wie möglich den Fokus vom Atem zu lenken. Atme fünf Minuten (gerne auch länger) in diesem Rhythmus. Achte darauf, dass du mit der Ausatmung auf der linken Seite die Praxis beendest.
  • Lasse die Augen geschlossen, lege deine Hand ab und atme schließlich für etwa sieben gleichmäßige Atemzüge durch beiden Nasenlöcher ein und aus und genieße die Wirkung der Praxis.

Hinweis:
Wenn du bemerkst, dass dich das Zählen selbst stresst, lasse es weg. Lasse deinen Atmen jeweils durch das geöffnete Nasenloch ein- und ausströmen. Das Zählen dient der Präzision, manchmal ist aber genau das auch was uns die Sanftheit und Gelassenheit in der Übung nimmt. Probiere aus, was für dich funktioniert!

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Die Wirkung und Anwendung

Die yogische Atemtechnik Nadi Shodhana wirkt ausgleichend auf unsere beiden Gehirnhälften und zählt damit zu den wichtigsten Atemtechniken im traditionellem Yoga.
Aus meiner Erfahrung, ist diese Technik eine Bereicherung und gehört unbedingt in die „Toolbox” wenn man aus dem Inneren heraus den Geist und das eigene Wohlempfinden ausbalancieren möchte. Sie eignet sich zudem hervorragend dazu, sich selbst in einen meditativen Zustand zu bringen.

Diese Technik gehört unbedingt in die "Toolbox" und fordert deinen Fokus.

Allerdings möchte ich anmerken, dass Nadi Shodana eher eine Praxis für Geübte ist, d.h. dass Vorerfahrung mit bewusstem Atmen bereits vorhanden sein sollte. Die Wechselatmung fordert deinen Fokus, insbesondere wenn sie über eine längere Zeit geübt wird (acht Minuten und länger).

Starte am besten mit den Übungen aus Teil 1 und Teil 2 der Blogbeitragsreihe und taste dich langsam an Übung drei heran. Meine Erfahrung ist es, dass sich insbesondere dann, wenn man länger als sieben Minuten übt, die Wirkung besonders harmonisierend entfaltet.

Was die Testpersonen sagen und ihre Stresslevel-Messwerte aufzeigen

Auch nach der dritten Atemtechnik ist die Beteiligung und Begeisterung der Teilnehmer:innen erfreulich hoch!

Mit Einführung der dritten Atemtechnik innerhalb von drei Wochen zeigt sich aber auch, dass simples Atmen durchaus herausfordernd ist. Durch die Übungsphasen von jeweils nur einer Woche fällt einigen die Umsetzung neuer Techniken zunehmend schwerer. Wie bei Ausdauertraining dauert es hier ebenfalls eine gewisse Zeit, bis sich Verbesserungen zeigen und Automatismen festigen. Bei der Implementierung im Rahmen von betrieblicher Gesundheitsförderung in Unternehmen werden wir die Auswahl der Atemtechniken gemäß der Zielgruppe anpassen, um Erfolge spürbar werden zu lassen.

Positiv zeigt sich, dass bereits ein Zeitraum von 3-4 Wochen auf jeden Fall ausreichend ist, um eine neue Sache zu einer Gewohnheit zu machen und das regelmäßige Atmen in den täglichen Tagesrhythmus zu integrieren. Viele Teilnehmer berichten, dass die komplexe Nasen-Wechselatmung immer ein bisschen Anlaufzeit benötigt. Dies liegt auch hier vor allem an der fehlenden Routine. Einmal im Rhythmus und bei sich angelangt, berichten viele Teilnehmer:innen aber, dass ihnen diese Atemtechnik den größten "Aha-Effekt" bereitet.

Wenn ich einmal im Fluss bin, dann atme ich gefühlt immer noch verschieden ein und aus, obwohl ich die Hand schon weggenommen habe"

Die reinen Messwerte zeigen immer noch ähnliche Effekte und die Verbesserung der HRV manifestiert sich bei den meisten Teilnehmer:innen zusehends. Es zeigt sich aber auch, dass stressige Wochen der Teilnehmer:innen oder Ereignisse im privaten Umfeld die Messwerte immer maßgeblich beeinflussen können und somit einen eigentlich positiven Trend - zumindest temporär - negativ beeinflussen können. Aber auch das ist eines der Learnings für unsere Teilnehmer:innen: Eine Messung der HRV ist immer nur eine Momentaufnahme - ein Foto -, ähnlich wie die Messung des Blutdrucks. Bei einer Fortführung des Projektes werden wir hier zusätzlich eine Abfrage besonderer Ereignisse vor den Messungen einbauen.

Wir sind auf jeden Fall gespannt, was unsere Teilnehmer:innen zum Ende des Projektes zu berichten haben und ob unsere Messungen auch zu den subjektiven Eindrücken der Teilnehmer:innen passen.

Hier gelangst du zu den Ergebnissen unseres Projektes.
(Die Verlinkung schalten wir frei, sobald alle Ergebnisse ausgewertet worden sind.)

Hier findet ihr die restlichen Artikel unserer Artikelreihe:
Atemtechniken bei Stress
Der vollständige Atem
Verlängerung der Ausatmung

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